Wenn Frau* will, steht alles still – Bericht zum Frauenstreik in der Schweiz

Am 14. Juni streikten in der Schweiz hunderttausende Frauen. Den ganzen Tag über gab es im gesamten Land Proteste, Versammlungen und Demonstrationen. 28 Jahre nach dem Streik 1991 haben die Frauen ihre Wut gegen die noch immer bestehende Diskriminierung, gegen Sexismus und fehlende Gleichberechtigung deutlich gemacht.

Die Kampagne zum Frauenstreik hat es geschafft, in der Frauenbewegung linke Positionen auf die Agenda zu setzen und gleichzeitig den Klassenkampf punktuell aus der Defensive zu holen.

Einen Überblick zum 14. Juni, den zahlreichen spontanen Demos, Verkehrsblockaden und vielen weiteren Aktionen der streikenden Frauen sowie Bilder dazu gibt es unter anderem beim Revolutionären Aufbau Schweiz. In einem ersten Bericht fassen die Genossinnen den Tag zusammen:

Der Frauen*streik hat den feministischen Diskurs aus dem neoliberalen Korsett befreit und damit eine enorme Dynamik entfacht. Tagsüber streikten gegen 100‘000 Frauen in unterschiedlichster Weise. Und heute Abend gelang ein Mobilisierungsrekord. Mit über 200‘000 Frauen, die sich in der ganzen Schweiz die Straßen genommen haben, erleben wir heute eine der größten Massenmobilisierung! Als kommunistische Organisation vertreten wir seit jeher, dass der Frauenkampf und der Klassenkampf zusammen geführt werden müssen. Heute sehen wir, welches Potential darin liegt, emanzipatorische Forderungen wieder mit Fragen der materiellen Arbeits- und Lebensbedingungen zu verknüpfen.

In Basel versammelten sich am Theaterplatz 40‘000 Frauen und nahmen sich als größte Demonstration, welche Basel gesehen hat, die Straße. Nach dieser offiziellen Demonstration wurde eine Nachdemonstration zum Frauen-Ausschaffungs-Gefängnis Waaghof durchgeführt mit 500 Frauen. Dabei wurde in Reden und Sprechchören die Ausschaffungs- und Auslieferungspraxis der Schweiz, Grenzen und insbesondere die Inhaftierung von Frauen* thematisiert. Vor dem Waaghof wurde auch eine Rede zur Situation von Nekane gehalten, die aktuelle wieder von der Auslieferung in den spanischen Staat bedroht ist.

In Winterthur beteiligten sich rund 6000 Frauen an der abendlichen Demo zum Frauen*streik. Die antikapitalistischen Kräfte waren im vordersten Teil der Demonstration laut und kämpferisch präsent. Am Bahnhofsplatz wich die Demo von der geplanten Route ab und blockierte im Anschluss die Technikumstraße für rund eine halbe Stunde. Bei der anschließenden Schlusskundgebung auf dem Neumarkt wurde ein symbolischer „sexistischer Drecksack“ zerschlagen.

In Zürich haben sich in Anschluss an etliche genannte Aktionen am Nachmittag die Massen vom Helvetiaplatz hin zum Central bewegt. Hier wurde jeder bekannte Rahmen gesprengt, so variieren Einschätzungen zwischen anfänglich mindestens 70‘000 und schließlich 160‘000 kämpferischen Frauen. Damit hat auch Zürich die größte Demonstration in jüngerer Zeit erlebt. An der Spitze liefen revolutionäre Kräfte und antikapitalistische Parolen dominierten. Durch diese Dimensionen und Entschlossenheit konnte die Demonstration die von der Polizei vorgegebene Route selbstbestimmt verlassen und neu definieren. Am Paradeplatz wurde das Tramhaus von Frauen erklommen und ein Theater gegen den Ausverkauf der Gesundheit und ein Theater zur Doppelbelastung proletarischer Frauen aufgeführt. Weiter konnten Sprays mit Parolen an der Demoroute angebracht werden. Zürich ist mit diesem Mobilisierungserfolg heute in Frauenhand und der Frauen*streik wird noch bis in die späten Stunden die Plätze und Straßen besetzen.