Weg mit dem § 218 – Selbstbestimmung erkämpfen!

§218 – Schwangerschaftsabbruch
(1) Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. …

Kaum ein anderes Gesetzt macht die Unterdrückung der Frau und die Verneinung ihrer Selbstbestimmung so offensichtlich wie der Paragraf 218. Doch genauso alt wie das Gesetzt ist auch der Widerstand dagegen.

Dabei geht es um deutlich mehr als „nur“ um die Frage ob ein Schwangerschaftsabbruch, eine Abtreibung legal, straffrei oder gar verboten ist. Schon gar nicht geht es im Streit um den Paragraf 218 um eine moralische Debatte wie sie beim Thema Abtreibung meist geführt wird. In der Konsequenz ist es die Frage wer bestimmt über unseren Körper und über uns?

Die Geschichte des Paragrafen 218 ist damit auch die Geschichte der patriarchalen Unterdrückung, der Entmündigung der Frau durch den Mann in der heutigen kapitalistischen Gesellschaft.

Im Jahr 1871, noch im Deutschen Kaiserreich, wurde das Gesetzt installiert. Der wichtigste Grund für die Einführung des Paragrafen 218 war die Forderung der Herrschenden, der Industrie und Kirchen nach einem stärkeren Bevölkerungswachstum. Der Nachwuchs an neuen Arbeitskräften und Soldaten sollte nicht nachlassen.

Unter dem Faschismus in Deutschland wurden die Gesetze ab 1933 verschärft. Ab 1943 wurden sogar Todesurteile verhängt für alle die „die Lebenskraft des deutschen Volkes fortgesetzt beeinträchtigen“. Diejenigen die aus den Fabriken abgezogen und an den Kriegsfronten in den Tod geschickt wurden, mussten schließlich ersetzt werden.

Heute sind zur Steuerung der Geburtenzahl unterschiedliche Elemente wichtig. Im Vordergrund stehen finanzielle Anreize wie Kindergeld, Steuerentlastung, oder ähnliches und dennoch bleibt auch weiterhin der Paragraf 218 ein Teil dieser Politik.

Das Patriarchat, die Herrschaft der Männer über Frauen, ist die älteste Unterdrückung und fällt zusammen mit dem Entstehen der ersten Klassengesellschaft der Menschheitsgeschichte. Alle folgenden Gesellschaften haben sich patriarchaler Unterdrückungsformen im Sinne der Herrschenden bedient. Heute ist das Verbot der Selbstbestimmung die Geschichte des Paragrafen 218 auch ein Teil kapitalistischer Klassenherrschaft.

Die heutige Aufweichung des Paragrafen 218 ist vor allem das Resultat der Kämpfe der Frauenbewegung in den 1970er Jahre. Zwar gelang es nicht die Ersatzlose Streichung des Gesetzes durchzusetzen doch erreicht wurde die Aussetzung der Strafverfolgung bei einem Schwangerschaftsabbruch unter gewissen Gründen. Dennoch sind Zwangsberatungen vorgesehen, mit dem ausgesprochenen Ziel die Frauen von einer Abtreibung abzubringen und die Kosten werden längst nicht in allen Fällen von der Krankenkasse übernommen.

Die Entscheidung für eigene Kinder oder nicht ist die individuelle Entscheidung jeder einzelnen Frau. Und gleichzeitig ist es auch eine Frage gesellschaftlicher Voraussetzungen. Hier und heute ist Selbstbestimmung oftmals eine Frage des Geldbeutels. In dieser Gesellschaft bedeuten Kinder für einen Großteil der Frauen ein erhöhtes Armutsrisiko. Noch immer sind es meist Frauen die sich, unbezahlt, um Betreuung, Erziehung und Haushalt kümmern müssen. Wer etwa keinen KiTa-Platz findet oder sich nicht leisten kann, ist zwangsläufig raus aus dem Job. Für viele bleibt auch später nur unfreiwillige Teilzeitarbeit und die finanzielle Abhängigkeiten von Ämtern oder Männern.

Dabei ist es für die Gesellschaft als Ganze notwendig, dass Kinder geboren werden, anstatt jedoch die Verantwortung als gesellschaftliche Aufgabe zu sehen, wird die Pflicht für Kinder und Haushalt unbezahlt ins Private abgeschoben.

Innerhalb der kapitalistischen Verhältnisse, die einzig nach den Interessen weniger zur Maximierung ihrer Profite gerichtet sind, ist eine wirklich freie, selbstbestimmte Entscheidung also nicht möglich.

Wir kämpfen für eine Gesellschaft in der sich niemand mehr darum sorgen muss wie die Bedürfnisse und Wünsche eines Kindes überhaupt finanzierbar sind. Nicht das Risiko besteht die Arbeit zu verlieren, in Armut zu fallen oder später aufgrund der „privaten“ Arbeit im Haushalt nur eine mickrige Rente gezahlt wird, weil Frauen im klassischen bürgerlichen Familienmodell eben für Kinder und Haushalt zuständig sind.

Erst in einer Gesellschaft, in der auch die Reproduktionsarbeit als die Aufgabe der Gesellschaft zählt, dementsprechend organisiert wird, ist eine tatsächlich selbstbestimmte Entscheidung möglich. Diese neue Form des Zusammenlebens der Menschen werden wir nicht von heute auf morgen erreichen. Erst in der Überwindung des Kapitalismus und dem Aufbau einer besseren Gesellschaft die statt an Profit, Konkurrenz und den Regeln des Marktes an den Interessen der Menschen ausgerichtet ist, wird dies möglich. Solidarität und Gleichberechtigung sowie die Befriedigung der tatsächlichen gesellschaftlichen Bedürfnissen werden dabei bestimmend sein.

Der Kampf für das Recht auf Selbstbestimmung der Frauen und alle Verbesserungen die wir heute erstreiten, sind Schritte zur tatsächlichen Befreiung der Frau. Dazu gehört auch der Widerstand gegen den Paragrafen 218 und die Forderung endlich ohne Hürden, ohne medizinisches Risiko und kostenlos, ohne gesetzliche Bestrafung oder gesellschaftliche Ausgrenzung eine Schwangerschaft beenden zu können.

Weg mit dem § 218.